Der nach dem 7. Oktober 2023 in der Berliner Musikszene aufflammende Rassismus und Antisemitismus schockiert uns sehr. Alle Diskriminierungen von Menschen aus rassistischen Motiven in der Musikbranche beunruhigen uns zutiefst. Wir haben im November 2023 als ersten Schritt in mehreren Austauschrunden Kontakt zu Betroffenen aus unterschiedlichen Communities gesucht.
Im Rahmen von zwei Roundtables mit unseren jüdischen Kolleginnen und Kollegen haben wir gemeinsam ihre Situation in Berlin erörtert und nach Möglichkeiten gesucht, wie wir Hilfestellung leisten können. Wir wollten heraus finden, wie wir gemeinsam Antisemitismus entgegen treten können, wie sie wieder zu Auftrittsmöglichkeiten kommen, die sie angesichts von Boykotts, aber auch durch Ängste in der Szene verloren hatten und wie wir nachhaltig Möglichkeiten für Austausch und Vernetzung schaffen können.
Aufbauend auf diesen Vorarbeiten haben wir unser Projekt United Sounds entwickelt.
Das Projekt United Sounds der Berlin Music Commission nutzt Musik, um den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu fördern, Brücken zwischen den Kulturen zu bauen und Rassismus und Antisemitismus in der Musikszene entgegenzuwirken. Wir wollen durch kulturelle Bildung Vorurteile abbauen, Menschen mit unterschiedlichen Backgrounds verbinden und ein besseres Miteinander aller zu erreichen.
Gefördert von der Berliner Senatsverwaltung für Kultur und Gesellschaftlichen Zusammenhalt, schafft das Programm vielfältige Begegnungsräume, in denen Musiker*innen, Akteur*innen aus den unterschiedlichen Bereichen der Berliner Musikszene sowie der jugendliche Nachwuchs sich vernetzen und jüdische Musikkultur erlebbar machen. Die Verbindung dieser unterschiedlichen Perspektiven ist für uns essentiell. Durch Workshops, Konzerte, Austauschrunden, Ausstellungen und Stadtführungen sollen Dialog, Empathie und gemeinsames Interesse gestärkt werden.
Die Auseinandersetzung mit dem Fokus auf Antisemitismus ist für uns nur ein erster Schritt, die Arbeit mit allen anderen Formen von Rassismus in der Musikszene, wie antiarabischer Rassismus, Antiziganismus usw. muss folgen!
Hier sind alle kommenden Workshops, Konzerte und Ausstellungen von United Sounds im Überblick – schau vorbei, mach mit und werde Teil eines wachsenden Netzwerks, das Musik als Sprache der Verbundenheit versteht.
„I dance, but my heart is crying“
Stadtführung, Filmabend und Q&A mit Dr. Alan Bern
14.10.2025 | 16:30 Stadtführung, 17:45 Filmscreening, 19:15 Networking
Treffpunkt Führung: Almstadtstr. / Ecke Münzstr.
Filmabend: Telegraphenamt (Dieselhaus)
Im Rahmen einer Stadtführung durch das ehemalige Scheunenviertel sowie eines exklusiven Filmscreenings rücken wir die Geschichten und die Musik jüdischer Künstler*innen in den Mittelpunkt. Gerade heute ist es wichtiger denn je, diese Kultur sichtbar zu machen und ihr wieder Gehör zu verschaffen.
Cabaret „Halbe Levone“
United Sounds präsentiert jiddische Kultur
6.11.2025 | 19:30 Uhr | Galerie Zeitzone | mehr Info
Berlins jiddische Gemeinschaft lädt die Berliner Musikszene zu einer Zusammenkunft von jiddischen lider (Gedichten, Liedern und deren Überschneidungen) im Monat Kheshvn ein – eine stille Zeit, in der die Nächte länger werden und selbst die halbe levone (Halbmond) sich von der Sonne abwendet. Gemeinsam wollen wir einen sonst trüben Abend in ein Fest zeitgenössischer jiddischer Kultur verwandeln und mehr Licht auf eine fast verdunkelte Scheibe werfen.
Workshop
Lider fun Vidershtand un Iberlebn – Jiddische Lieder von Widerstand und Überleben
9.11.2025 | 10:00 – 18:00 Uhr | Zur Anmeldung
Die Veranstaltung bringt die Berliner Musikszene mit Herausragenden Akteur*innen der jüdischen Musikkultur in einen Austausch. Begleiten Sie die gefeierte Sängerin Sasha Lurje und den Akkordeonisten Ira Shiran in einem Workshop über jiddische Lieder von Widerstand, Resilienz und Überleben – von seltenen Werken des Berliner Kulturbund der 1930er Jahre bis hin zu heutiger jiddischer Kreativität und Aktivismus. Die Teilnehmer*innen tauchen ein in Repertoire, Hintergründe und historische Kontexte.
Vorkenntnisse im Jiddischen sind nicht erforderlich – nur die Freude am Singen!
„Auf den Spuren der jüdischen Musikkultur und Musikwirtschaft“
Stadtführung
11.11.25 | 12:00 Uhr | Dauer ca. 120 Min | Rosa-Luxemburg-Platz vor der Volksbühne | Zur Anmeldung
Wir möchten die jüdischen Wurzeln unserer heutigen Musikszene für Akteur*innen aus der Branche sichtbar machen. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts war das Berliner Scheunenviertel das sichtbarste Zentrum jüdischen Lebens in der Stadt, ein Ort, an dem auf den Straßen Jiddisch gesprochen wurde und jüdische Einwanderer und Geflüchtete aus Osteuropa vorübergehend ein neues Zuhause fanden. Heute sind die Spuren dieser einst lebendigen Gemeinschaft fast vollständig verschwunden.
Auf einem musikalischen, erzählerisch gestalteten Mittagsspaziergang lassen wir das jüdische Leben dieser Zeit wieder aufleben – mit lokalen Liedern, historischen Aufnahmen und persönlichen Familiengeschichten. So entsteht ein lebendiges Klangbild des Viertels, das die Vergangenheit in kleinem Maßstab wieder hörbar macht.
Die Touren beleuchten den Zeitraum von 1900 bis 1938 und widmen sich Themen wie Alltag, Musik und Theater, Bildung, Politik, religiösen Praktiken und Arbeitswelten, stets aus der Perspektive der Menschen und Familien, die hier lebten.
Mit einem Bagel oder Babka im Gepäck wird der Rundgang zur musikalischen Mittagspause mitten in Berlin.
„Der z/weite Blick“
Ausstellung
11.-13.11.25 | tägl. ab 10:00 Uhr | Frannz | Information
Jugendkulturen bieten jungen Menschen einen Raum zum Ausdruck von Zugehörigkeit. In ihnen werden Freundschaften geknüpft und Fähigkeiten geübt, die Menschen oft ein Leben lang prägen. Doch Jugendkulturen sind nicht frei von bewusster und unbewusster Diskriminierung. Jugendliche bemerken schnell, wenn der Ton in den Sozialen Medien verroht oder sich Einzelne oder Gruppen jugendkulturelle Elemente aneignen, um darüber Hass zu verbreiten. Junge Menschen können davon beeinflusst werden, sie können aber auch Gate Keeper ihrer Kulturen sein, die sich selbst gegen gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit engagieren und dafür einstehen, dass alle Menschen in der Gesellschaft Respekt erfahren.
Die Ausstellung „Der z/weite Blick“ lädt als Impulsgeber für Jugendliche und Erwachsene dazu ein, die Vielfalt, aber auch die Ambivalenzen in Jugendkulturen und Mainstream kennenzulernen und den eigenen Blick auf Jugendkulturen zu weiten. Die Ausstellung wurde in 2017 komplett überarbeitet, aktualisiert und erweitert. Sie befasst sich mit einer großen Bandbreite aktueller Diskriminierungsphänomene in Jugendkulturen, Mainstream und Social Media: Rechtsextremismus und Rechtspopulismus, Rassismus, Antisemitismus, Exotismus, Antiziganismus, antimuslimischer Rassismus, Salafismus, Sexismus und Homo- und Transfeindlichkeit.
Die Ausstellung findet parallel zum Jugendfestival LISTEN TO BERLIN: YOUTH statt.
„Der z/weite Blick“
Impulsvortrag
12.11.25 | 12:30 Uhr | Frannz | Weiter Infos
Referentin: Gabriele Rohmann, Mitgründerin und Co-Leiterin Archiv der Jugendkulturen Berlin
Der Impulsvortrag thematisiert Potentiale in Jugend-, Pop-, Sub- und Clubkulturen für kreative und emanzipatorische Vielfalt in Szenen, aber auch deren Schattenseiten wie diskriminierende Akteur:innen, Bands und Strukturen in Szenen und Kulturindustrie: von Rechtsextremismus, Antisemitismus, Rassismus, Sexismus, Homo- und Transfeindlichkeit bis zu Hass im Netz. Themen, die in der Ausstellung „Der z/weite Blick“ verhandelt werden. Ein weiterer Fokus liegt auf der kritischen Auseinandersetzung mit Antisemitismus. Ansätze und Inhalte der Ausstellung über jüdische Vielfalt in Musikkulturen werden im Rahmen der Präsentation dieser Ausstellung vorgestellt.
Der Impulsvortrag findet parallel zum Jugendfestival LISTEN TO BERLIN: YOUTH statt.
Einführung in die traditionelle jiddische Instrumentalmusik (Klezmer)
Workshop
12.11.25 | 10:00 – 18:00 Uhr | Zur Anmeldung
In diesem Workshop geleitet von Alan Vern & Mark Kovnatskiy werden die Erstellung zeitgenössischer Arrangements auf Basis traditioneller Melodien, Harmonien, Rhythmen und Formen erörtert.
Im Rahmen des Workshops werden den Teilnehmer*innen die praktischen Aspekte der Aufführung traditioneller Klezmer-Instrumentalmusik und deren wichtigen Zusammenhang mit traditionellen jiddischem Tanz und Chassidischen Gesang vermittelt.
Alex Stolze präsentiert von United Sounds
Konzert
12.11.25 | 19:45 Uhr | Kesselhaus | weitere Infos
Viele Künstler*innen mit jüdischen Wurzeln erleben zur Zeit massive Diskriminierungen bis hin zu Boykotts in der Berliner Musikszene. United Sounds möchte dem gegenüber ein Zeichen setzen und diesen Künstler*innen wieder Auftrittsmöglichkeiten und weitreichende Sichtbarkeit vermitteln.
Wir freuen uns daher den Violinist, producer und songwriter Alex Stolze präsentieren zu dürfen. Alex Stolze lässt moderne Klassik, intelligente Electronica und Indie-Pop zu seinem eigenen, unverwechselbaren Sound verschmilzen. Nahöstliche Tonleitern treffen auf Polyrhythmen und tanzbare Beats, während analoge Synthesizer, minimalistisches Klavier und seine maßgeschneiderte fünfsaitige Violine einzigartige Klangtexturen schaffen. Als Leiter des Labels Nonostar setzt er sich in seiner Arbeit für Empathie und Originalität ein.
„Ein Sommernachtstraum“
immersives VR-Konzert & Netzwerktreffen
14.-23.11.2025 | weitere Infos
Jüdische Gemeinde Berlin, Oranienburgerstr.
in Kooperation mit den Jüdischen Kulturtagen Berlin
Anlässlich eines United Sounds Netzwerktreffen wollen wir die Spuren von jüdischen Akteur*innen in unserer Gegenwartskultur sichtbar machen und durch den Einsatz moderner digitaler Tools zugänglich und erschließbar machen.
In Zusammenarbeit mit Henrik Oppermann von ReflektMusic hat das Mahler Chamber Orchestra unter Federführung von Timothy Summers ein Schlüsselwerk des jungen Felix Mendelssohn weiterentwickelt und in in die Unendlichkeit des digitalen Raums übertragen. Mit einem flüssigem 6-DoF-Raumklang, der sich den Bewegungen der Besucher:innen anpasst, werden die Kraft der Orchesteraufführung und die Tiefe der Partitur räumlich erfahrbar gemacht. Im Alter von nur 17 Jahren schrieb Mendelssohn die knapp 14-minütige Ouvertüre „Ein Sommernachtstraum“, die im Februar 1827 in Berlin uraufgeführt wurde. Es handelt sich heute um eines der beliebtesten Werke des Komponisten.
United Sounds wird gefördert von der Senatsverwaltung für Kultur und Gesellschaftlichen Zusammenhalt des Landes Berlin.
